Cannonau – Das rote Gold Sardiniens

Wenn ihr Sardinien besucht, werdet ihr unweigerlich auf einen Begriff stoßen, der für die Insel ebenso bedeutend ist wie die duftenden Kräuter in den wilden Bergen und die köstlichen Fischgerichte an der Küste: Cannonau di Sardegna. Für viele ist es „das rote Gold“ Sardiniens, eine Rebsorte, die die Geschichte der Insel widerspiegelt und die Herzen vieler Weinliebhaber erobert hat. Und ja, wir sprechen hier von einem Wein, der so kraftvoll und charaktervoll ist wie das Leben auf Sardinien selbst – mal wild, mal sanft, aber immer authentisch.
Ob ihr nun Weinprofi oder Genießer seid, ein Besuch auf Sardinien ohne Cannonau ist wie ein italienisches Menü ohne Pasta – einfach undenkbar. Von der ländlichen Idylle der Barbagia bis zu den sonnigen Küstenregionen zieht sich die Spur dieses edlen Tropfens durch die Insel. Also, lasst uns einen Blick auf die Tradition und die Aromen werfen, die Cannonau zu einem wahren Schatz der Insel machen.
Was ist Cannonau?
Cannonau ist die bekannteste rote Rebsorte Sardiniens und spielt eine zentrale Rolle im Weinbau der Insel. Die Ursprünge dieser Rebsorte sind tief verwurzelt in der sardinischen Landschaft und reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Der genaue Ursprungs des Namens Cannonau ist jedoch nicht eindeutig geklärt und es gibt verschiedene Theorien dazu. Eine mögliche Ableitung könnte „canna“ (italienisch für Stange) sein. Hier nimmt man an, dass der Name von der langen Stange kommt, die zum Aufbrechen des Tresterhuts bei der Gärung verwendet wurde. Eine andere Theorie besagt, dass Cannonau von „cannonadura“ (sardische Pliseefalten) abgleitet ist. Diese bezieht sich auf die Art und Weise wie die Tresterhaut während der Gärung bewegt wurde, ähnlich den Pliseefalten, die sardische Frauen in ihre Stoffe webten.
Der sardische Experte Gianni Lovicu findet keine dieser Theorien überzeugend. Er betont, dass der wahre Ursprung des Namens Cannonau noch im Dunkeln liegt und weitere Untersuchungen erforderlich sind.
Hier habe ich für euch noch ein paar Fakten zum Cannonau auf einen Blick:
- Herkunft & Verbreitung: Auch bekannt als Grenache (Frankreich) oder Garnacha (Spanien) und deckt auf Sardinien als zweithäufigst angebaute Rebsorte ca. 30 Prozent der sardischen Rebflächen ab
- Charakteristiken: Vollmundig mit intensiver Farbe. Typische Aromen sind rote Früchte wie Himbeeren oder Kirschen sowie würzige Noten von Zimt und Nelken (Alkoholgehalt von mindestens 12,5%)
- Besonderheiten: Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und Trockenheit, enthält im Vergleich zu anderen Rotweinen dreifach mehr Antioxidantien und hat seit 1972 eine geschützte Herkunftsbezeichnung (DOC)

Wie wird Cannonau hergestellt?
Der Prozess der Cannonau-Herstellung verbindet Tradition mit moderner Weinbaukunst. Die Trauben werden meist von Hand geerntet, entrappt und sanft gepresst. Die Fermentation erfolgt bei einer kontrollierten Temperatur (25-28°C) in Edelstahltanks, typischerweise über 7-15 Tage. Dabei ist eine Maischestandzeit üblich, die von Stunden bis zu mehreren Tagen dauern kann.
Nach der alkoholischen Gärung durchläuft der Wein oft eine malolaktische Gärung. Die anschließende Reifung kann in Edelstahltanks, Zementtanks oder Eichenfässern stattfinden. Die Wahl des Behältnisses und die Dauer variiert dabei je nach angestrebter Qualität und Weinstil. Für die DOC-Qualität „Riserva“ ist eine zweijährige Reifung vorgeschrieben, davon mindestens sechs Monate in Eichenfässern. Das Ergebnis dieses sorgfältigen Prozesses ist ein Wein, der Kraft und Ausdrucksstärke mit eleganter Weichheit verbindet und die charakteristischen Aromen des Cannonau voll zur Geltung bringt.
Woher stammt Cannonau?
Cannonau wird auf ganz Sardinien angebaut, mit Schwerpunkten in den zentralen Regionen wie der Ogliastra, die zur Provinz Nuoro gehört. Die Rebsorte gedeiht besonders gut auf den kargen, kalkhaltigen Böden der Insel, die den Weinen eine charakteristische Mineralität verleihen. Das mediterrane Klima mit hohen Temperaturen und intensiver Sonneneinstrahlung begünstigt die Reifung der Trauben und die Entwicklung ihrer intensiven Aromen.
Entgegen früherer Annahmen zeigen neuere genetische Untersuchungen, dass Cannonau eine eigenständige sardische Rebsorte ist und keine direkte Verwandtschaft zur spanischen Garnacha aufweist. Mit etwa 30% der Rebfläche (ca. 7.500 Hektar) ist Cannonau die bedeutendste Rebsorte Sardiniens und genießt seit 1972 den DOC-Status. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Einzigartigkeit und kulturelle Bedeutung des Cannonau für Sardinien.
Wie genießt man Cannonau?
Cannonau ist ein Wein, der zu vielen traditionellen Gerichten der sardischen Küche passt. Ob gegrilltes Fleisch, Wildgerichte oder herzhafte Pasta – dieser Wein ergänzt die reichhaltigen Aromen der Insel perfekt. Probiert ihn unbedingt auch zu einer Auswahl an Käse, insbesondere Pecorino, für eine authentische Geschmacksexplosion. Ihr könnt Cannonau entweder pur genießen oder es mit ein wenig Luft belüften lassen, um seine Aromen noch besser zu entfalten. Für besondere Anlässe lohnt sich auch die Kombination mit einer Auswahl an sardischen Antipasti – von luftgetrocknetem Schinken über eingelegte Oliven bis hin zu würzigem Brot.

Mein persönlicher Cannonau-Moment
Mein unvergesslicher Cannonau-Moment hatte nichts mit einem schicken Weingut oder einer geplanten Verkostung zu tun. Im Gegenteil, er war so authentisch und bodenständig, wie es nur auf Sardinien sein kann. Es war nach einer Wanderung mit Eseln oberhalb von Santa Maria Navarrese inmitten der Ogliastra. Wir folgten den alten Hirtenpfaden, vorbei an wilden Kräutern und schroffen Felsformationen, bis wir schließlich mitten in den Bergen auf einer kleinen Eselfarm ankamen.
Dort wartete ein echtes sardisches Picknick auf uns, so idyllisch, dass man es kaum beschreiben kann. Der Tisch war gedeckt mit selbstgemachten Köstlichkeiten: frischer Ziegenkäse, würziger Pecorino, aromatische Salami, Honig, und natürlich knuspriges Pane Carasau. Aber der Star des Moments? Eine rustikale, bauchige Flasche, gefüllt mit leicht gekühltem Cannonau. Die Kombination aus den herzhaften Aromen, der sommerlichen Wärme und dem weichen, fruchtigen Geschmack des Weins war schlichtweg perfekt. Der Cannonau schien die einzelnen Zutaten miteinander zu verbinden, als hätte er genau auf diesen Moment gewartet. Es war der pure Genuss, nicht nur wegen des Weins, sondern auch wegen der Umgebung und der Gesellschaft.
Dieser Moment hat mir gezeigt, dass Cannonau nicht nur ein Getränk ist, sondern ein Begleiter, der die Seele Sardiniens in sich trägt. Es ist ein Stück sardische Geschichte, ein Erbe, das den Geist der Insel widerspiegelt. Probiert ihn unbedingt, wenn ihr Sardinien besucht, und lasst euch von seiner Vielschichtigkeit verzaubern.
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