Eleonora von Arborea – Die Königin, die Sardinien das Recht gab

Eleonora von Arborea – Die Königin, die Sardinien das Recht gab

Stell dir das mal vor: Du bist eine Frau im 14. Jahrhundert. Um dich herum Ritter, Intrigen, Männer mit Schwertern und zweifelhafter Körperhygiene. Was machst du? Richtig: Du schreibst ein Gesetzbuch. Und zwar eines, das der Zeit meilenweit voraus ist. Willkommen in der Welt von Eleonora von Arborea – Sardiniens absoluter Powerfrau des Mittelalters.

Wenn wir heute über Female Empowerment sprechen, dann dürfen wir eine wie sie nicht vergessen. Während andere Adelige damit beschäftigt waren, sich auf Hochzeiten zu langweilen oder gewaltsame Auseinandersetzungen zu führen, schrieb Eleonora Geschichte. Und zwar mit Stil, Scharfsinn und einem Hang zur Gerechtigkeit, der selbst heutigen Juristen Respekt abnötigt.

Wer war Eleonora von Arborea?

Geboren um 1340 in einem der letzten unabhängigen Königreiche Sardiniens – Arborea – war Eleonora die Tochter von Mariano IV, dem Richter (so nannten sich die Herrscher auf Sardinien). Nach dem Tod ihres Bruders übernahm sie die Regentschaft – in einer Zeit, in der Frauen eigentlich nichts „übernahmen“, außer das Spinnen von Wolle.

Doch Eleonora war anders. Klug, diplomatisch, strategisch. Sie führte politische Verhandlungen, kommandierte Truppen und regelte das Leben in ihrem Reich. Besonders bemerkenswert war ihre Fähigkeit, politische Allianzen zu schmieden: Durch ihre Ehe mit Brancaleone Doria sicherte sie sich die Unterstützung Genuas und deren mächtiger Flotte – ein entscheidender Vorteil im Krieg gegen Aragón.

Die Carta de Logu – Ein Meilenstein europäischer Rechtsgeschichte

Die Carta de Logu ist ein Meilenstein. Ursprünglich von ihrem Vater Mariano IV verfasst, wurde sie von Eleonora überarbeitet und modernisiert. Sie regelte Strafrecht, Ehe, Eigentum sowie Umwelt- und Tierschutz und war so fortschrittlich, dass sie bis ins 19. Jahrhundert auf Sardinien in Kraft blieb.

Ein Auszug gefällig? „Si donet pro testimoniu de sa veritate“ – „Möge es zum Zeugnis der Wahrheit dienen.“ Ein feierlicher, fast poetischer Ton. Und trotzdem: glasklare Regelungen. Wer klaut, zahlt. Wer einen Baum fällt, pflanzt zwei neue. Wer Frauen Gewalt antut, wird bestraft – und zwar nicht symbolisch, sondern empfindlich.

Man kann mit Fug und Recht sagen: Eleonora war eine juristische Pionierin. Ihre Carta war nicht nur Gesetz, sie war eine Vision von Gerechtigkeit – für alle. Außerdem setzte sich Eleonora aktiv für den Schutz von Greifvögeln ein – ein Engagement, das dazu führte, dass der Eleonorenfalke (Falco eleonorae) nach ihr benannt wurde. Dies zeigt ihre Weitsicht nicht nur im juristischen Bereich, sondern auch im Naturschutz.

Orte mit Eleonora-Vibes: Oristano & Castello di Sanluri

Willst du auf ihren Spuren wandeln? Dann schau in Oristano vorbei – der Hauptstadt von Arborea. Hier steht eine beeindruckende Statue von ihr auf der Piazza Eleonora, wo sich täglich Einheimische und Reisende treffen. Drumherum Cafés, kleine Boutiquen – und das Gefühl, in einer Stadt zu sein, die Geschichte atmet.

Ein weiteres Highlight ist das Castello di Sanluri – das letzte erhaltene Schloss aus der Zeit Eleonoras. Dicke Mauern, altes Gemäuer, Ritterrüstungen. Hier bekommst du eine echte Gänsehaut-Zeitreise ins 14. Jahrhundert.

Geheimtipp für Reisende: Besuche das Museo del Giudicato in Oristano – dort findest du spannende Exponate zur Carta de Logu, zu Eleonoras Leben und zur sardischen Unabhängigkeit.

Eleonoras Erbe heute – Zwischen Stolz & Feminismus

Sardinien wäre nicht Sardinien ohne Eleonora. Ihre Unterschrift prangt auf Straßenschildern, Schulen sind nach ihr benannt. In vielen Familien wird sie wie eine entfernte, aber extrem coole Ururgroßtante verehrt. In einer Zeit, in der Frauenrechte oft noch belächelt wurden, setzte sie Maßstäbe. Deshalb wird sie auch heute gerne als Symbol für Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und weibliche Stärke inszeniert – auf Postern, in Kunstwerken, in feministischen Diskursen.

Doch Eleonoras Herrschaft war nicht immer unumstritten. Ihre Macht basierte auch auf militärischer Stärke und politischen Intrigen. Der Krieg gegen Aragón (1383–1387) war geprägt von strategischen Allianzen und harten Kämpfen. Dennoch setzte sie Maßstäbe für Gerechtigkeit und Selbstbestimmung – Werte, die bis heute inspirieren.

Fazit: Was wir von Eleonora lernen können

Eleonora war keine Legende – sie war echt. Und das macht sie so faszinierend. Sie zeigt uns, dass Mut, Bildung und strategisches Denken selbst unter widrigsten Bedingungen Geschichte schreiben können. Ihre Carta de Logu ist ein Symbol für Fortschrittlichkeit und soziale Gerechtigkeit in einer Zeit voller Chaos.

Von Eleonora lernen wir auch die Bedeutung von Weitsicht: Sei es durch den Schutz der Natur oder durch kluge politische Allianzen – ihre Handlungen hatten nachhaltige Auswirkungen auf Sardinien und darüber hinaus. Wenn du das nächste Mal durch Oristano schlenderst oder über Gerechtigkeit nachdenkst, erinnere dich an die Frau, die Sardinien nicht nur regierte – sondern ihm ein Rückgrat gab.

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