Sardinien im September: Kulinarik, Erntezeit und echte Genusserlebnisse

Es war ein ruhiger Septembernachmittag auf dem Weingut Olianas bei Gergei, mitten im Landesinneren von Sardinien. Die Sonne stand tief, das Licht warm, und zwischen den Reben lag dieser ganz eigene Duft in der Luft nach Trauben, Kräutern, Erde und Spätsommer.
Was mich dort besonders beeindruckt hat, war die Verbindung von allem: Natur, Handwerk, Wissen. Der Winzer erklärte mir, dass rund um die Reben bewusst Kräuter wie Rosmarin, Myrte und Thymian wachsen. Das ist nicht nur schön, sondern entscheidend für das gesamte Ökosystem. Und ja: Man schmeckt das.
Genau dieses Zusammenspiel aus Landschaft, Ernte, Kulinarik und echtem Leben macht den sardischen September für mich so besonders und genau darum geht es in diesem Beitrag
Zwischen Feigen, Trauben und Myrte: Was Sardinien im September erntet
Der sardische September ist keine reine Jahreszeit, er ist ein Übergang. An manchen Orten fühlt es sich noch nach Hochsommer an, anderswo zieht schon der erste Hauch von Herbst durch die Felder. Genau das macht diese Zeit so besonders.
Je nachdem, wo man unterwegs ist, ist die Erntezeit völlig unterschiedlich:
Im Süden rund um Gergei und im Campidano hängen die Feigen noch prall an den Bäumen, die letzten Tomaten und Paprika werden geerntet und die ersten Myrtenzweige für den späteren Likör geschnitten. Auf den Feldern wird’s ruhiger, aber die Erde ist noch warm, fast satt.
In der Barbagia, besonders rund um Mamoiada und Orgosolo, beginnt die Vendemmia, die Weinlese. Hier ist das Handarbeit, oft mit der ganzen Familie. Es wird früh angefangen, geschwitzt, gelacht und mittags gemeinsam gegessen, meist draußen im Schatten, mit Brot, Käse und einem ersten Glas Most.
In der Gallura reifen noch späte Mandeln, Zwiebeln und Fenchel. Die Luft ist hier trockener, die Farben schon etwas blasser. Aber genau das lieben viele Winzer, weil es den Vermentino besonders frisch und mineralisch macht.
Und in den Bergen des Gennargentu schleicht sich langsam der Herbst an. Erste Pilzsucher sind unterwegs, in der Hoffnung auf Steinpilze oder Pfifferlinge. Und wenn man Glück hat, fallen schon die ersten Kastanien, auch wenn’s für die große Ernte noch ein paar Wochen dauert.
Was mir immer wieder auffällt: Diese Erntezeit auf Sardinien ist kein Spektakel für Instagram. Sie ist bodenständig, leise und ehrlich. Aber genau das macht sie so faszinierend. Man sieht, wie nah die Menschen hier noch an ihrer Landschaft sind und wie viel Stolz in einer gut gefüllten Kiste Trauben oder einem Eimer voller Feigen steckt.

Was jetzt auf den Teller kommt – zwischen Spätsommer und Herbst
Kulinarisch ist der September auf Sardinien ein Monat des Übergangs und genau das schmeckt man auch. Die Gerichte werden etwas herzhafter, aber der Sommer steckt noch drin.
Was fast immer auf dem Tisch landet: Malloreddus alla campidanese – kleine, geriffelte Teigwürmer aus Hartweizen mit einer Sauce aus Fenchel-Salsiccia, Tomate und Pecorino. Ein Klassiker aus dem Süden, der nie langweilig wird, vor allem, wenn die Salsiccia hausgemacht ist, was in vielen Agriturismi der Fall ist.
Hier findest du übrigens mein Rezept für die Malloreddus alla campidanese inklusive Kochvideo.
In der Ogliastra kommen jetzt Culurgiones auf den Tisch – handgeflochtene Teigtaschen mit einer Füllung aus Kartoffeln, Minze, jungem Pecorino und Olivenöl. Ein einfaches Gericht mit großer Wirkung. (Und ja, ich dachte mal, ich könnte sie selbst machen. Die Nonna in Gergei hat mich später dezent darauf hingewiesen, dass ich da noch was lernen kann. Aber das erzähle ich dir ein andermal…)
Weiter oben, rund um Fonni, tauchen auf einmal Pilze auf – Steinpilze, Pfifferlinge, was der Wald gerade hergibt. In der Küche treffen sie auf hausgemachte Pasta, oft einfach mit Öl, Knoblauch und Petersilie. Mehr braucht es nicht. Wer’s traditionell mag, trinkt dazu ein Glas jungen Rotwein und sagt wenig, weil’s einfach gut ist. Dazu gibt’s, je nach Region, gegrillte Auberginen, eingelegte Zucchini, Feigen mit Rohmilchkäse oder einfach geröstetes Brot mit Olivenöl, Knoblauch und etwas Meersalz.
Wenn du auf dem Land unterwegs bist, bekommst du auch mal Porceddu, das berühmte sardische Spanferkel, über dem offenen Feuer gegart. Im September taucht es gerne bei Dorffesten auf oder spontan im Hof eines Agriturismo.
Was ich an der sardischen Küche in dieser Jahreszeit liebe: Sie ist nicht kompliziert. Aber wenn die Zutaten stimmen – und das tun sie fast immer – wird jede Mahlzeit ein kleines Fest.

Sardiniens Herbst im Glas: Vendemmia, Most & Myrte
Der September ist nicht nur Erntezeit auf dem Feld, sondern auch im Glas. In vielen Regionen läuft gerade die Vendemmia, die Weinlese. Besonders in Gebieten wie Gergei, Mamoiada oder Jerzu wird Cannonau gelesen. Auf dem Land bekommst du dann schon mal ein Glas frischen Most. Er schmeckt süß, leicht gärend und irgendwie zwischen Traubensaft und erstem Rausch.
Auf dem Weingut Olianas durfte ich selbst erleben, wie komplex dieser Prozess ist, wie die Kräuter rund um die Reben den Geschmack mitprägen, und wie viel Handarbeit noch dahintersteckt. Der Cannonau, der daraus entsteht, ist tief, würzig und passt perfekt zu den herbstlicheren Gerichten.
Wer es leichter mag, greift zu einem Vermentino aus der Gallura. Er ist frisch, mineralisch und genau richtig für einen warmen Spätnachmittag am Meer. Und zum Abschluss? Natürlich ein kleiner Mirto, der Myrtenlikör, der auf keiner sardischen Speisekarte fehlt. Am besten hausgemacht, leicht gekühlt und in guter Gesellschaft.
Wo du im September am besten isst: Zwischen Märkten, Agriturismi und Dorffesten
Der September ist vielleicht die beste Zeit, um Sardinien auch außerhalb des Tellers zu genießen. Und das ganz entspannt, echt und ohne Voranmeldung.
Agriturismi haben jetzt wieder Platz für spontane Gäste. Die Tische sind nicht mehr voll mit Reisegruppen, sondern mit dem, was gerade Saison hat. Oft steht kein Menü auf der Karte, sondern die Gastgeberin sagt einfach: „Es gibt, was es gibt.“ Und meistens ist das ziemlich gut.
Auch auf den Wochenmärkten, zum Beispiel in Isili, Tortolì oder Ozieri, zeigt sich Sardinien von seiner genussvollen Seite. Hier geht es nicht um Andenken, sondern um Olivenöl in alten Flaschen, Pecorino aus dem Nachbardorf oder Mirto vom Großvater. Wer fragt, bekommt nicht nur eine Antwort, sondern meist auch noch eine kleine Geschichte dazu.
Und dann gibt es die Dorffeste – echt, lokal und voller Geschmack. Zum Beispiel das Bottarga-Festival in Cabras, das sich ganz dem „sardischen Kaviar“ widmet. Oder Benvenuto Vermentino in Olbia, wo sich alles um den frischen Weißwein der Gallura dreht. Und dann natürlich die größte Reihe: Autunno in Barbagia – jedes Wochenende ein anderes Dorf, das seine Türen, Töpfe und Weinkeller öffnet.
Du willst noch mehr Feste im Herbst entdecken? Hier findest du meinen Beitrag zu den schönsten Festen im September und Oktober.
Was mir in dieser Zeit immer wieder auffällt: Sardinien zeigt sich im September so, wie es wirklich ist. Ohne Schnickschnack, aber mit viel Herz. Wer mit offenen Augen und leerem Magen unterwegs ist, wird hier garantiert fündig.

Mein Fazit: September schmeckt nach Sardinien ganz ohne Filter
Was ich am sardischen September liebe? Dass er nichts beweisen muss. Keine Hochsaison, kein Spektakel, aber dafür ehrliches Essen, guter Wein und Menschen, die sich Zeit nehmen. Ob auf dem Feld, am Marktstand oder beim Abendessen in einem stillen Innenhof: Du merkst sofort, dass Genuss hier nicht inszeniert ist, sondern gelebt wird.
Und vielleicht ist genau das der beste Grund, Sardinien in dieser Jahreszeit zu entdecken, mit offenen Augen, leerem Magen und viel Platz für neue Eindrücke.
Und du? Wenn du nur ein einziges sardisches Gericht im September probieren dürftest – welches wäre es? Schreibs unten in die Kommentare.
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